„Wo find ich mich“ fragt SAENDER in der 1. Single zum neuen zweiten Album, dem er gerade gemeinsam mit Produzent Henning Neuser im Köln-Nippeser Songparkstudio den letzten Schliff verpasst. Und nein, so einfach ist das gar nicht zu beantworten. Das Video zur Single zeigt den Kölner Künstler auf den Spuren John Lennons im New Yorker Indian Summer, auf dem Cover sieht man ihn in einem gestrandeten Tretboot unter Palmen.
Und musikalisch? Klar Singer-Songwriter ist er wohl, aber eher New-Wave als Folk, eine ganze Menge „New Order“ meint man herauszuhören, in den Texten fehlt genretypisches Selbstmitleid und die Gitarrenparts klingen eher nach „Cure“ und „Coldplay“ als nach „Cash“ oder „Young“. Auch „Wo find ich mich“ setzt mit einem dieser satten, aus sechs Saiten gewebten Klangteppiche ein, in dem sich Reverb und Gain paritätisch die Waage halten und dessen Rhythmus äußerst dynamisch und dabei fast etwas entrückt vorantreibt. Mitklatschen ist der erste Impuls, und Claps sind auch das, was man hört, sobald sich die Gitarre nach dem ersten Break zurücknimmt und das Spiel aus Bass, Tom und Tambourin an Bands wie „The Jesus and Mary Chain“ erinnert. Darüber Saenders unverwechselbare Stimme, die eindringlich und in prägnanten Bildern vom Schwanken zwischen Resignation und Auflehnung erzählt. „Ich bin zu müde um drüber zu schlafen“ ist nur eine dieser Zeilen, die im Kopf noch lange nachhallt und die so gar nicht daran interessiert ist, die Komplexitäten und Ambivalenzen des Alltags herunterzubrechen oder schlimmer noch aufzulösen. Wäre ja auch langweilig und so überhaupt nicht „Seine Art“ wie man von seinem Debütalbum noch weiß. Was „Wo find ich mich“ auszeichnet, ist die emotionale Bandbreite, die hier, wie oft in Saenders Stücken, aufgerufen wird. Klar, melancholisch, aber immer mit einem Arm in der Luft und wenn dich eine Textzeile am Boden hat, dann verspricht das nächste Break den emotionalen Reset.
ACHIM ERZ
Das Leben als Medley – Achim Erz, seines Zeichens Langezeithanseat und Schlagzeuger in Bernd Begemanns „Befreiung“, tritt neuerdings auch als Songwriter und Pionier in Sachen Wohlfühl-Kammerpop in Erscheinung. In klassischer Rock-Besetzung (Gitarren, Bass, Keyboard und Schlagzeug) präsentiert er als Frontmensch smarte Kompositionen mit deutschsprachigen Texten, die konträr zu allen standardisierten Überlebensweisheiten und „Steh wieder auf“- Strategien laufen. Zwischen sensibel und surreal balanciert Erz durchaus humorvoll auf der dünnen Linie zwischen Alltag und Traumdeutung. Chöre gerne, Mitgrölen mitnichten. Die Einflüsse von Prefab Sprout, Divine Comedy und Elvis Costello sind spürbar, doch Plagiate sucht man vergebens. Jeder Vergleich bleibt unzureichend. Achim Erz ist sein eigener Chef.