SIMON JOYNER
STEP INTO THE EARTHQUAKE
Wer noch nie von ihm gehört hat: Simon Joyner ist ein seit den frühen 90ern aktiver Singer-Songwriter aus Omaha, NE. Er wird immer wieder mit Songwriter-Größen verglichen und tatsächlich finden sich in seiner Musik Anklänge von Leonard Cohen, Bob Dylan, Townes Van ́Zandt. Aber letztlich ist er eine eigene Größe.
Sein Vortrag ist brüchig und zugleich sehr kraftvoll und eindringlich. Musikalisch oft minimalistisch ist er wagemutig, und lässt Unvorher- gesehenes zu.
Er war für Bright Eyes’ Conor Oberst zugegebenermaßen die Initial- zündung für dessen eigenen Stil. Er war in den frühen 90ern Anlaß für den sogenannten „John Peel Accident“, das einzige Mal, daß der bekannte englische Radio DJ seine hehre Regel brach („Nur einen Song pro Platte“), und gleich Joyner’s ganzes Album komplett in der Sendung spielte. Es ist erstaunlich, daß Simon Joyner bisher kein größeres Publikum erreicht hat, bei all dem Lob und Respekt von renommierten wie etablierten Medien und Künstlern.
„Omaha has given us the reigning heir to Henry Miller’s dark emotional mirror, Townes Van Zandt’s three-chord moan, and Lou Reed’s warehouse minimalism: his name is Simon Joyner.“
— GILLIAN WELCH
„Pound for pound Simon Joyner is my favorite lyricist of all time. He has shades of all the greats (Van Zandt, Cohen, Dylan) but exists in a space all his own … He truly is an American songwriting treasure. It is my hope that more people will discover his music and share in the unique joy that it brings.“
— CONOR OBERST
„Simon’s always been a secret handshake amongst me and my peers. He’s a pioneer. He’s helped pave the way for many people, myself included. He’s an artist in its purest form–for his only concern is crafting a perfect song–which he’s done time and time again.“ –
— KEVIN MORBY
Joyner selbst hat sich damit arrangiert, daß sein langjähriges, beständiges Schaffen scheinbar nur unter dem Radar geortet wird. Er lebt mit seiner Familie glücklich von einem Antiquitätengeschäft. Auf Tour geht er nur noch selten – wobei er diesen Herbst nochmal in Europa zu sehen ist. Vielleicht wird sein neues Album, Step Into The Earthquake, auch zum Schritt dieses kokette Selbstverständnis zu erschüttern Zu wünschen wäre es ihm und uns.
Vornehmlich als Doppel-LP konzeptioniert, nimmt der Songwriter sich sehr persönliche Perspektiven vor , während er gleichsam erkennt, dass die Zeiten um uns herum sich ändern, times they are a- changing. Und in der Tat, scheinbar nicht zum besseren, eher im Gegenteil. Die Charaktere in Joyners Songs erleben die Auflösung von Behaglichkeit, ihre Unsicherheit, ihre Überforderung, voll ängstlicher Sorgen über unsere turbulenten Zeiten. Ein Teil der Lieder ist sehr direkt und gehören wohl zu seinen politischsten Songs überhaupt seit seines Room Temperature Albums in den frühen 90ern. Aber oft ist es inhaltlich subtiler. Da ist vor allem die Art und Weise, wie sich die Charaktere verhalten und der aufsteigende Fatalismus, mit dem sie ihrem täglichen Leben begegnen.
Joyner durchstreift menschliche Zwangslagen im Allgemeinen, aber insbesondere die amerikanische Psyche. Er erzählt erdachte Geschichten und rückt damit ganz nah an bittere Wahrheiten heran. Seine Charaktere kämpfen sich durch ihre persönlichen Krisen und absorbieren gleichzeitig Amerikas derzeit missglückende Experimente.
Musikalisch ist das die genaue Entsprechung. Aufgenommen mit seiner sehr variablen Band The Ghost in Omaha’s ARC Studio ist ihm ein eindringliches, großes Spätwerk gelungen, das selbst aus seinem reichen Katalog heraussticht. Joyner’s Vision hier mag dunkel sein, aber kurz vor Nihilismus ist Stop. Wo also geht’s lang? Der erste gute Schritt zur Beantwortung dieser Frage ist zu wissen, wo wir jetzt stehen. Joyners ausladendes Album bietet dazu die Perspektive eines Dichters, verwirrend, mit dem Mut uns zu konfrontieren und zu verstehen. Also geht vor und hinein in’s Erdbeben…
Das Album erscheint als 2LP im Gatefoldcover und als CD am 06.10. über Ba da Bing (USA)/BB*ISLAND