LATTENPLATZ:
18:00 – 18:30 QUARRY
Wer down und mit der Gesamtsituation unzufrieden ist, sollte scheinbar einen Jobwechsel zur oftmals tristen Arbeitsumgebung in einem Sandbruch in Betracht ziehen. Paradox? Schon, aber genau da arbeitet Ash Carvell, der sich als Quarry seit letztem Jahr ein zweites Standbein in der Abteilung Indie-Innovatoren aufbaut und wirklich allerbeste Laune damit verbreitet. So ganz nebenbei. Die Fantasie von Unzufriedenen wolle er damit anregen, seine Musik solle Zufluchtsort und Exit aus dem Alltag zugleich sein. Gelungen! Kann man da nur anmerken, denn Songs wie das wunderbar soulige und hellwache „Wake Me Up“ oder der Freitagabendscore „Time’s Up“ sind einerseits absolute Stimmungsbomben, andererseits so dicht produziert, dass es ein Leichtes ist tanzend darin verloren zu gehen. Die diesjährige Debüt-EP „Your Brain Or Your Body“ trägt derlei Ambivalenzen schon im Titel – und zwar völlig zurecht. Prädikat: Besonders underrated.
19:30 – 20:00 ALBERTINA SARGES
Nur das Echo verwinkelter Post-Punk-Gitarren und ihr durch und durch natürlich gefärbtes Timbre – mehr braucht Albertine Sarges nicht, um sich federleicht vom Gros des neopsychedelischen Art Pops abzuheben. Die Berlinerin etablierte auf ihrem Debüt „The Sticky Fingers“ einen Sound, der den Sommer einläuten oder das Ende einer langjährigen Beziehung erträglicher machen kann. Dass sich dieses Gefühlsspektrum nur sehr schwer in aufs Wesentliche reduzierten Songs einfangen lässt, kümmert die Singer-Songwriterin herzlich wenig. Stattdessen agiert sie derart stilsicher, dass ihre Musik nicht nur sorgsam komponiert sondern gleichzeitig auch verspielt wirkt. Feminismus und Empowerment, Verlust und Vergnügen, Manie und Melancholie – Sarges, auch bekannt als Ossi Viola, weiß das alles zu vereinen, oft schon innerhalb der auditiven Grenzen eines einzigen Songs. Eine Ausnahmekünstlerin auf dem Weg zu sich selbst.
SAAL:
18:30 – 19:15 RANGLEKLODS
Esben Nørskov Andersen startete 2010 zunächst als Solokünstler, merkte aber schnell, dass seinem kühl ausbalancierten Synthpop neben männlichen Vocals auch eine feminine Seite gut stehen würde. Mit Pernille Smith-Sivertsen war das kreative Match im Hundertprozentbereich flugs gefunden. Seitdem erschienen unter dem Projektnamen Rangleklods zwei Alben von brillanter Effektdichte, die bei dem dänischen Duo nie zum Selbstzweck verkommt sondern stattdessen eine große Sensibilität für catchy Melodien und die richtigen Sounds im richtigen Moment offenbart. Seit 2016 sind die beiden als Blondage aktiv und spielen auf ihrer EP „I Love Music“ in mittlerweile stark ausgeprägter stilistischer Unbedarftheit mit bunten Klangfarben, die runtergehen wie Buttermilch mit Sahne oder so. Doch überzeugt diese Musik über bloßes Ohrwurmpotenzial hinaus – hier wird cleverer Pop mit viel Liebe fürs Detail kreiert, also nach allen Regeln der Kunst: Reingeklotzt.
20:15 – 21:15 SCOTT MATTHEW
Herzen schmelzen schnell dahin, wenn Scott Matthew mit seinem dunkel hauchenden Organ die Räumlichkeit in warme Melancholie taucht. Das weiß der gebürtige Australier zu nutzen. Fleißig war er in den letzten Jahren ohne Frage. Nach erfolgreichen Alben wie „Unlearned“ und „This Here Defeat“ folgte zunächst die Kollaboration „Life Is Long“ mit dem portugiesischen Komponisten Rodrigo Leão, bevor „Ode To Others“ das vielleicht bislang gefühlvollste Level von Matthews Songwriting aufschlüsselte. Wunderbar minimalistische Harmonien, die dank sorgsam austarierter Arrangements zwischen Stimme und Streichern, Piano und Gitarre unmittelbar ins Ohr gehen, dort aber auch lange verweilen ohne ungemütlich zu werden. Die Anmut, mit der dieser Mann heute mehr denn je Lieder schreibt und darbietet, verdient ungeteilte Aufmerksamkeit.
22:15 – 23:00 LIE NING
Bedingungslose Nächstenliebe und Empathie als Zentrum der eigenen künstlerischen Message kommunizieren – das haben bereits viele versucht. Doch LIE NING erfüllt diese universell gültige Botschaft wie kaum einer seiner Zeitgenossen mit Authentizität und Leben. In einer von Umwälzungen gezeichneten Ära, spendet der Berliner Sänger, Tänzer, Schauspieler, Fotograf und Regisseur mit dem souligen Synthpop seiner Debüt-EP „Traffic Songs For The Inbetweens“ echten Trost und gibt darüber hinaus allen Grund zum Glücklichsein – mit seiner Musik ebenso wie mit seiner positiven Aura. Dank eines samtweichen Timbres, der unheimlich smoothen Produktion von Songs wie „Tonight“ oder „Secret Island“ aber vor allem durch sein einnehmendes Charisma schafft LIE NING so künstlerische Rückzugsorte zwischen Pop, Soul und elektronischer Musik, die Mensch als aufmerksamer Zuhörer selbst besuchen kann, um Frieden zu finden.