NEWTON FAULKNER
Spätestens seit seiner Single „Dream Catch Me“ ist sein Name in der internationalen Pop-Szene bekannt, angefangen hat Newton Faulkner jedoch als Bassist in einer Green-Day-Coverband. Aber das war dem talentierten Musiker und Songschreiber bald zu öde und er gründete mit Freunden seine erste eigene Band. Inzwischen ist der Sänger solo unterwegs und er hat auch den Bass mit einer Gitarre getauscht.
Besonders beeindruckend ist sein ungewöhnliches und perkussives Spiel auf dem Akustikinstrument, das Tapping genannt wird und bei dem man durch eine spezielle Spieltechnik zwei Noten bekommt, die miteinander harmonieren und den Sound kräftiger wirken lassen. Der 32 Jahre alte Folk-Pop-Musiker aus Surrey ist jedoch nicht nur ein erstklassiger Gitarrist, sondern auch ein ausdrucksstarker Sänger, schön zu hören auf seinem aktuellen Album „Human Love“ (BMG Rights Management). Green Day spielt jedoch weiter eine Rolle in Faulkners Karriere. In dem Musical „American Idiot“, das auf Songs von Green Day basiert, singt und spielt er die Rolle des Johnny. Im vergangenen Jahr feierte er damit Erfolge im Londoner West End.
SIR WAS
„Ich habe 15 Jahre gebraucht, um diesen Sound zu kreieren“, sagt Joel Wästberg. Der Multiinstrumentalist aus Göteborg nennt sich sir Was, mit ausdrücklich klein geschriebenem „Sir“. „Digging A Tunnel“ heißt seine Platte und herausgekommen ist sie auf dem Berliner City-Slang-Label, der Heimat so vieler ungewöhnlich klingender Musiker.
Auch Wästberg lässt sich in keine der gängigen Genre-Schubladen stecken. Er selbst nennt eine Reihe extrem unterschiedlicher Künstler, die ihn beeinflusst haben: Ein Hip-Hop-Artist wie J Dilla gehört genau dazu wie das Funk-Ensemble Sly & The Family Stone, die Beatles, die Jazz-Rock-Combo Mahavishnu Orchestra oder die britischen Noise-Rocker My Bloody Valentine. Die Songs auf „Digging A Tunnel“ sind äußerst komplex, aber auch von einer sanft verwunschenen und ätherischen Art. Das liegt an Wästbergs heller, fast falsettartiger Stimme. Bis auf Dudelsack und Harmonika hat der Schwede alle Instrumente selbst aufgenommen. „Digging A Tunnel“ gehört zu den anmutigsten Alben dieses Jahres.
BOIBAND
Eine der ungewöhnlichsten Gruppen des diesjährigen Festivals ist sicher Boiband. Anfang 2016 haben der Performancekünstler Tucké Royale und der Sänger und Musiker Hans Unstern die Gruppe gegründet. Als Produzent ist der Rapper Black Cracker als dritter Musiker dabei.
Die Band schreibt auf ihrer Facebook-Seite über sich: „Boy mit I steht für die Problematisierung von Mannsein als Penis-Talent, für einen nachträglich erworbenen Stimmbruch, für die Akzeptanz schwangerer Daddies, für die Effeminisierung des Abendlandes.“ Die drei Künstler hinterfragen klassische Vorstellungen von Männlichkeit und benutzen dafür experimentelle Musik, die mit gängigen Pop-Mustern nichts zu tun hat. Wichtig ist Boiband der Transgender-Gedanke, denn Tucké Royale fühlt sich heimatlos zwischen Männlichkeit und Weiblichkeit. Er ist mit weiblichen Geschlechtsmerkmalen auf die Welt gekommen, aber als Frau im konventionellen Sinne hat er sich nie gefühlt. Inzwischen ist seine Stimme tiefer, über der Oberlippe sprießen Barthaare. Boiband sind queer in jedem Sinne. Der Song „Perineum“ benutzt eine Spieluhr, Unstern zupft eine selbstgebaute Harfe, Computersounds und verschiedene Perkussionsinstrumente machen den verqueren Klang dieses ungewöhnlichen Ensembles möglich.
CLAP YOUR HAND SAY YEAH
Als Alec Ounsworth 2005 seine Band Clap Your Hands Say Yeah startete, war das eine frische Indie-Rockband, die auf gutes Songwriting und einen gitarrenlastigen Sound setzte. Im Laufe der vergangenen Jahre und fünf Studioalben später haben immer mehr seiner alten Mitstreiter die Band verlassen, so dass der Musiker aus Philadelphia allein für CYHSY steht – was musikalisch zu einer deutlichen Änderung geführt hat.
Das aktuelle Album „The Tourist“ (Membran) zeigt Ounsworth als einfallsreichen Arrangeur, der ein paar großartige und eingängige Popsongs geschrieben hat. Songs wie „Better Off“ oder „Fireproof“ sind wirkliche Perlen voller Klangreichtum und überraschender Wendungen. Die neuen verspielten Stücke bewegen sich in Richtung Art-Rock, Ounsworth benutzt aber wieder öfter die Gitarre als den Synthesizer und unterlegt viele Nummern mit einem geraden Beat. Seine Stimme ist quengelig wie eh und je, aber das ist nun mal das Markenzeichen dieses herausragenden Songwriters. „The Tourist“ zählt jetzt schon zu den stärksten Alben des Jahres 2017.