LAKE (US)
Hinter dem Namen LAKE verbirgt sich eine Pop-Formation mit Hang zum Experimentellen um das Songwriter-Ehepaar Ashley Eriksson und Elijah Moore. Kurz nachdem sie sich 2005 in dem Universitätsstädtchen Olympia, Washington kennengelernt hatten, wurde auch die Band gegründet. Vor einigen Jahren verlegten sie ihren Wohnsitz in die Wälder der Insel Whidbey Island, um sich dort voll und ganz auf das Songwriting und die Kunst zu konzentrieren – ermöglicht wird ihnen dies unter anderem durch ihre musikalischen Beiträge für die Zeichentrickserie Adventure Time (Cartoon Network).
Ihren zehnten Geburtstag begingen LAKE auf recht ungewöhnliche Art und Weise: Sie veranstalteten ein mehr als zehnstündiges Konzert mit ihrem gesamten Repertoire – alles in allem über neunzig Stücke.
Und jetzt legt die Band ihr achtes Album vor! Es bildet den Abschluss einer Dekade intensiver Auseinandersetzung mit den Rock- und Popidiomen der Siebzigerjahre. Die Songs auf Forever Or Never entspringen einer humanistischen Grundhaltung und befassen sich mit den Schwierigkeiten einer moralischen und spirituellen Existenz in einer feindlich gesinnten Welt. Musikalisch bieten LAKE wie immer eine einzigartige Neu-Interpretation der Melodiensprache des Soft-Rock der 70er (wir denken an Fleetwood Mac, Steely Dan, The Roches, Laura Nyro u.a.). Dazu nehmen sie Anleihen beim Jazz-Gesang, schaffen eingängige Refrains und beweisen enormen Einfallsreichtum im Umgang mit ihren Instrumenten.
LAKEs musikalische Genese ist ungewöhnlich für eine Band, die einer in erster Linie durch Punk und Independent geprägten Umgebung entstammt. Schon das zweite Album Oh, The Places We’ll Go (2008) wurde unter dem Dach des legendäres Labels K Records eingespielt. Dessen Gründer Calvin Johnson soll ausgesprochen verblüfft darüber gewesen sein, dass da eine Band aus Olympia die Idee hatte, Mainstream-Pop einer längst vergangenen Ära neu zu interpretieren. Seitdem haben LAKE nicht nur ihm, sondern auch vielen anderen einen Zugang zu diesen großen musikalischen Ideen ermöglicht – offen, bejahend und ohne jeden Zynismus.
Zur Stammbesetzung gehören neben Eriksson und Moore auch Andrew Dorsett und Mark „Markly“ Morisson, aus dessen Feder mit „Work With What You Got“ und „Push and Pull“ zwei Kleinode des neuen Albums stammen. Beide Musiker begleiten LAKE von Anfang an und drücken der Band mit ihrer individuellen Musikalität und ihrem Songwriting ihren ganz persönlichen Stempel auf.
Von Anfang an waren LAKE detailversessene Studio-Bastler und phantasievolle Arrangeure. Vor allem Andrew Dorsett als ausgebildeter Jazzmusiker hatte daran großen Anteil. Und mit ihrer Offenheit für die Paralleluniversen der digitalen und der analogen Welt gelingen der Band musikalische Schöpfungen mit großer Strahlkraft. Perkussive und tonale Elemente, Synthesizerklänge und akustische Frequenzen werden ineinander verwoben und verschmelzen so zu etwas ganz Neuem. Diese Band bringt Musik zum Leuchten, ganz im Stil ihrer musikalischen Wegbereiter wie Brian Eno, David Byrne oder Joni Mitchell in ihrer experimentierfreudigen Phase Mitte der Siebziger.
Etliche von Erikssons Songs entstanden während ihrer Künstlerresidenz im Hedgebrook Women Writers Retreat auf Whidbey Island. „We Can Work It Out“, „Trouble“ und „Magazine“ – diese drei Stücke illustrieren Erikssons Vorliebe für narratives Songwriting und unprätantiöse Geschichten. Sie bezieht sich darin auf reale Geschehnisse in der Umgebung (wie der tragische Verlust in „Trouble“) oder beschäftigt sich mit der Bürde des Siegers („We Can Work It Out“). Elijah Moore widmet sich in seinen Stücken dagegen eher dem einengenden Charakter von Kultur und Religion (zum Beispiel im Titelsong „Forever Or Never“) oder philosophischen Fragen, die keine einfachen Antworten zulassen, so zum Beispiel in „Give Back“, wo er sich mit moralischen Regeln auseinandersetzt.
Neben der Band haben auch viele andere ihren Teil zur Entstehung von Forever Or Never beigetragen. Aufgenommen wurde das Album von Nicholas Wilbur (Hungry Cloud Darkening) in einer ehemaligen Kirche. Sie beheimatet das Studio „The Unknown“, das er zusammen mit Phil Elverum (Mount Eerie/The Microphones) betreibt. Diesem wiederum ist die kreischende Gitarre in „Gone Against the Wind“ zu verdanken. Paul Benson (Hungry Cloud Darkening/Ever Ending Kicks) war für die Dauer der Aufnahmen das fünfte Bandmitglied und ist auf den meisten Stücken zu hören. Karl Blau, der 2006 auf seinem Label Kelp! Monthly das erste LAKE-Album veröffentlichte, spielt bei „Over and Under“ Saxophon. Und Geneviève Castrée ist als Backgroundsängerin auf „Magazine“ und „Gone Against the Wind“ zu hören. Ihr, der im Juli 2016 verstorbenen Musikerin und Künstlerin, ist das erst nach ihrem Tod fertiggestellte Album explizit gewidmet. Im Lauf eines Jahrzehnts hat sich LAKE zu einer Art Versuchsanordnung für ein gutes und großzügiges Leben entwickelt. Forever or Neverliefert nun den Soundtrack für diese Grundhaltung. Das Album ist das neueste Kapitel eines lebenslangen Projektes, das in die Vergangenheit und voller Hoffnung auch in die Zukunft blickt.