Man muss sie einfach mögen:
erneuter; grandios gelungener Gentlemen-Großangriff auf die marode Melancholie des miesen Alltags, elf elaborierte Stücke Lebens-Literatur, beschleunigt durch atemlos preschend-packende Soul-Schlager-Sahnestücke zwischen Garage und Genie. Zwischen perlendem Piano und köstlich schmieriger Orgel, knackigen Riffs, beweglichem Bass und beißenden Bläsersätzen, gebettet auf vielstimmigem Chorgesang (mit u.a. Bernd Begemann, Helena Buskies, Andreas Dorau, Esther Stephan, Marcel Gein, Nina Thomsen) gibt uns Frontmann und Wortwart Friedrichs irgendwo in der schnoddrigen Mitte zwischen Tilman Rossmy und Ray Davies den Lord Carsten, dabei wundervollen Verneigungen vor Eis-Gerd, Pete mit den zurückgekämmten Haaren, dem großen Kölner Pfandflaschenbetrug und nicht zuletzt der Band selbst die einzigartige Stimme verleihend. Um ihn herum kocht eine unwiderstehlich mitreissende Melange aus 50’s Soul und 60’s Beat, rohen Garagen-Riffs und rüdem Rock’n’Roll, Easy Listening, Science Fiction-Soundtrack und Two-Tone-Ska, und so findet DLDGG wieder einmal ihre ansteckende Einzigartigkeit in der kochenden Mitte zwischen Kinks und Madness, The Who und The Troggs, Pretenders und Raumschiff Orion, Presley & Costello, Leinemann und The Lords, Madness und James Brown, unterlegt den tragischen Abgesang auf die einstige schlanke Linie mit Bowie’s Ch-ch-ch-changes und erklärt zum Album-Ausgang noch einmal nachhaltig, warum nichts in ordnunger ist als die Gewöhnlichen Gentleman zu lieben. Bläser-befeuerter Garagen-Soul-Punk-Pop der Einzig-Art. (cpa/ glitterhouse )
DIE LIGA DER GEWÖHNLICHEN GENTLEMEN
It’s Ok To Love
Wahnsinn, die Liga der gewöhnlichen Gentlemen bringt ein neues Album raus! Da stand die Musikwelt natürlich Kopf, als die fünf „sympathischen Genussmenschen“ diese News auf Facebook announcten. Was soll der Geiz? Dachte sich Tapete Records und lud die gesamte Musikwelt zum gemütlichen Plausch in die Stahltwiete 10 ein. Hier das Transkript:
Frage der gesamten Musikwelt: Nachdem auf dem letzten Album der Liga der gewöhnlichen Gentlemen bereits so interessante Themen wie James Deans Beifahrer, Zechprellerei, Esel sowie Vincent van Goghs Zeitmaschine abgefrühstückt wurden: Womit in drei Teufels Namen werden uns diese Genies mit ihrem nächsten Album überraschen?
Antwort: Berechtigte Frage. Aber wollen wir nicht zunächst über die Musik plaudern? Frage der gesamten Musikwelt: Frage mit Gegenfrage … aber nun gut, vorliegendes Produkt ist
ja schließlich auch kein Buch. Also, in medias res: Was erwartet die geneigte Hörerschaft?
Antwort: Aufgenommen wurde das Album im Studio Nord in Bremen/Oberneuland. Dieses wurde anno Tobak von einem in Deutschland weltberühmten Schlagersänger namens Ronny aufgebaut. Unter dem Namen Otto Bänkel hatte Ronny übrigen einen Hit namens „Des Klempners Töchterlein“ … aber wir schweifen ab. Jenes Studio ist prallgefüllt mit allerlei technischen Gerätschaften vergangener Jahrzehnte. Prächtig anzuschauende, glänzende und blinkende Module, Prozessoren und Röhren. Eines Tages besuchte eine Abordnung der LdgG ebenjenes Tonstudio, um ihren Freunden Friedrich Sunlight, welche ebendort ihr Album aufnahmen, bei der Arbeit zuzuschauen und vor allem zuzuhören. „Potztausend!“ dachte sich die Liga-Abordnung und nahm einen tüchtigen Schluck aus einer den Labelmates soeben stibitzten Bierpulle. „All diese Gerätschaften! Und dort: eine echte Orgel vom Hersteller Hammond!“ In seiner unendlichen Weisheit beschloss die Liga- Abordnung: Hier nehmen wir das nächste Liga-Album auf!
Frage der gesamten Musikwelt: Verstehe – da diese Geräte gut zum typischen Liga-Oldie- Sound passen?
Antwort: Wir bevorzugen die Bezeichnung Modern Vintage/Post Space Age für unsere Musik. Natürlich fein abgeschmeckt mit einer Prise Inland Beach Music.
Frage der gesamten Musikwelt: Könnte man das Titelstück jetzt schon als Klassiker des Modern- Vintage/Post-Space-Age-Sounds bezeichnen?
Antwort: Sie hören, aber Sie hören nicht zu! Sonst hätten Sie sofort erkannt, dass ausgerechnet dieser Song viel mehr in Richtung Futuristic Retro geht: ein John Barry/James Bond-Score mit Geigen, Flöten, Posaunen und allem pipapo, allerdings uptempo mit einem Northern-Soul-Beat, und dann alle Mann drübergekräht.
Frage der gesamten Musikwelt: James-Bond-Score! Abgefahren!! Macht ja sonst niemand mehr. Und dazu dieses witzige, auf Sherlock Holmes bezogene Zitat in der Antwort oben. Grandios! Die Liga ist wahrlich „Sui Generis“! Ein bisschen schroff, ein bisschen seltsam, aber unterhaltsam. Drollig, könnte man sagen, dass It’s OK to love DLDGG für DLDGG-Verhältnisse geradezu rockig ausfällt?
Antwort: Drollig! Das Adjektiv gefällt uns. Das Adjektiv „rockig“ eher nicht. Aber klar, worauf sie hinauswollen. Bspw. die Ode an die leider inzwischen geschlossene „Eisdiele“ an der Stresemannstraße „Song für Eis-Gerd“… Freakbeat, bisschen Dion 65, bisschen Punk … „Die Welt braucht mehr Leute so wie dich“ erinnert zufällig ein bisschen an das New Yorker New-Wave-Duo Suicide. Rock, ohne Rock zu sein.
Frage der gesamten Musikwelt: Ist „It’s OK …“ ein Konzeptalbum? Sozusagen das „Sgt. Pepper …“ der Liga?
Antwort: Ja, „Sgt. Pepper“ ohne die Langweilerstücke. Das sind wir unseren Fans einfach schuldig. Und in schneller. Und ohne die Beatles. Und mit einem S/W-Cover. Und eher 65 als 67. Und halt eher TVPs als die Beatles. Und ohne LSD. Also so Liga-Style.
Musikwelt: Was ist eigentlich das Konzept des Konzeptalbums?
Antwort: Wir neigen nicht zur Eitelkeit, aber das Album handelt von uns als Band: Warum wir so geil sind (Titelstück), was passieren kann, wenn wir nicht aufpassen („Lass uns ins Museum gehen/Und uns die New Wave ansehen“), wie gesagt, ein Song über das Lokal Eis-Gerd, ein Song über Tod & Verfettung („Eine Tragödie kommt selten allein“), ein Song über Kriminalität („Der große Kölner Pfandflaschenbetrug“) …
Frage der gesamten Musikwelt: … Bitte um Verzeihung, aber die letzten Songs haben das Thema ein bisschen verfehlt, oder?
Antwort: Meine Güte, sind Sie spießig. Ein Song über die Schwierigkeiten, in einer Band zu sein, namens „Ballade von der Band“. Haben wir von der britischen Popband Felt gecovert. Deren Sänger Lawrence trafen wir übrigens letztens in London. Guter Typ: trinkt gerne Cola, schreibt nur Hits. Wir verstanden uns auf Anhieb.
Frage der gesamten Musikwelt: Apropos Cola: Bei Ihrem Sound muss ich immer an Madness auf Cola mit Gainsbourg als Sänger/Texter denken. Liege ich falsch?
Antwort: Ha ha, immer diese Schubladen. Unmöglich! Wenn schon, dann Madness auf Cola-Light mit Jean-Claude Brialy als Sänger.
Frage der gesamten Musikwelt: Jean-Claude Brialy, voll nerdig. Gestatten Sie ein letzte Frage: Die Welt geht vor die Hunde, und Sie singen über Eisdielen, Verfettung und sich selbst: nicht ganz richtig im Kopf?
Antwort: Mmmh… Sie meinen, wir sollten eher so auf „Trump/Umweltverschmutzung/Nazis = schlecht“ machen?
Frage der gesamten Musikwelt: So in etwa. Antwort: Und Sie meinen, das läuft dann?
Frage der gesamten Musikwelt: Frage mit Gegenfrage … aber nun gut: müsste eigentlich laufen, leben Sie eigentlich hinterm Mond?
Antwort: Ist notiert, nächste Platte dann.
Frage der gesamten Musikwelt: Wird „It’s OK to love DLDGG“ endlich den Durchbruch bringen?
Wird man Sie trotz Ihrer Dutzendgesichter in Zukunft auf der Straße erkennen?
Antwort: Auf Wiedersehen, aber es eilt nicht.
ZIMT
„Glückstiraden“ (VÖ 25.08.2017)
Zimt sind Janina (Keyboard, Gitarre, Gesang), Isabella (Bass, Gesang) und Ralf (Drums). 2015 in Augsburg gegründet, erschien 2016 ihre erste 7“-Single bei Kleine Untergrund Schallplatten. Ihr minimalistischer, fast ohne Gitarren auskommender Sound schlägt den Bogen vom frühen 80er UK-Post-Punk à la Young Marble Giants oder Marine Girls über NZ-Pop wie The Clean zum guten NDW-Underground. Hier und da gibt es sogar Krautrock-Reminiszenzen. Klingt gut? Ist es auch. Sogar sehr gut! Auch wenn Zimt fest in den DIY-Subkulturen der 1980er verwurzelt sind, gelingt ihnen etwas ganz Eigenes und Neues. Im Frühling 2017 schlossen sich Zimt im artikel 1 tonstudio/Hamburg mit einem Haufen Vintage-Keyboards ein und nahmen mit Zwanie Jonson ihr Debütalbum „Glückstiraden“ auf.
Ronny Pinkau, Entdecker von Zimt und Gründer von Kleine Untergrund Schallplatten über die Band:
Ich freue mich so sehr darüber, dass Zimt jetzt bei Tapete Records sind. Ich bin von Zimt abslolut überzeugt, von Anfang an, seit ihrem ersten Auftritt im City Club Augsburg als Support bei der Single-Release-Show von den begnadeten Endlich Blüte im Oktober 2015. Sie selbst waren nicht so zufrieden mit dem Auftritt und ich habe schon da beschlossen, dass ich eine Single machen möchte. Wenig später haben sie mir eine Demo-CD in den Briefkasten geworfen mit zwei Songs, die dann später die Single sein sollten, und ich werde den Moment niemals vergessen, als ich diese beiden Songs zum ersten Mal als richtige Aufnahme hörte. Ich war fassungslos und konnte es kaum glauben. Ich hätte diese beiden Nummern am liebsten gleich so, wie sie in diesen Versionen zu hören waren, veröffentlicht. Mir fällt es schwer, die Gefühle zu beschreiben oder musikalische Vergleiche zu ziehen … jedenfalls hab ich dasselbe gefühlt, als ich das erste Mal auf Bands wie Talulah Gosh/Heavenly oder Look Blue Go Purple gestoßen bin, in ihrem Sound schwingt auch eine Art von frühen deutschen Post-Punk-Bands wie F.S.K., Bärchen und die Milchbubis oder Andreas Dorau mit.
Eben diese unbekümmerte Unbeschwertheit, die heutzutage bei wenigen deutschen Bands zu finden ist – einfach machen, ohne groß darüber nachzudenken und sich selbst nicht so ernst zu nehmen. Es ist der Ansatz des PUNK. Es geht dabei nicht darum, wie gut man singen kann oder ein Instrument beherrscht, es geht um ein Gefühl und um die Songs, und die Songs sind bei Zimt einfach fabelhaft. Es ist herzzereißend und erfrischend, sich diese Band anzuhören und man kommt aus dem sich Freuen gar nicht mehr heraus. Jedenfalls geht es mir so und ich höre in ihrem Sound sogar ein wenig Stereolab heraus, spätestens dann, wenn man auf den hintergründigen, zarten, zweistimmigen Gesang stößt, bittersüß!
Werdet auch einfach Fans von Zimt und freut euch mit auf das Debüt-Album im Sommer!